Tag 8. DGB-Jugend Rheinland Pfalz/Saarland goes Israel 2019

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Eine Delegation der DGB-Jugend Rheinland-Pfalz/Saarland besucht die Partnergewerkschaft Histadrut in Israel. Abwechselnd schreiben die Teilnehmenden über die Erlebnisse. Im Folgenden findet ihr den Bericht des achten Tages...

Heute erfolgte die Abfahrt wieder gegen 8 Uhr, damit wir rechtzeitig am Kibbuz Lohamei Haghetaot (Ghetto Fighters Museum) ankommen.

Vor Ort haben wir mit einer Führung im Museum über den Aufstand des Warschauer Ghettos be-gonnen. Wir haben einen Überblick über das Leben im Ghetto, wie auch die Schwierigkeiten der Vorbereitung des Widerstandes, näher betrachtet.

Zur Gründung des Ghettos lebten 300.000 Menschen dort, wobei diese Zahl auf bis zu 500.000 Menschen anwuchs. Nicht zuletzt durch Zustände wie Krankheit, Unterdrückung und Angst wuchs der Gedanke des Widerstandes mehr und mehr unter den Menschen.
Anschließend machten wir einen Rundgang durch das Kibbuz.

Kibbuzim sind einer der Grundpfeiler der israelischen Gesellschaft. Kibbuz bedeutet so viel wie Gemeinschaft. Bereits die ersten Siedler der israelischen Siedlungsbewegung schlossen sich in klei-neren Dorfgemeinschaften zusammen, die charakteristisch durch ihre sozialistisch-kommunistische Einstellung geprägt sind.

In den ersten Siedlungen sah das Leben so aus, dass Besitz der Gemeinschaft gehörte und nicht der einzelnen Person. So wurde von der Gemeinschaft das Leben der Einzelnen unterstützt und finan-ziert. Kinder, wie Erwachsene waren getrennt untergebracht und das Zentrum des sozialen Lebens bildete das Gemeinschaftshaus, in dem Feste und Hochzeiten gefeiert, aber auch Mahlzeiten ge-meinsam eingenommen wurden. Alle wichtigen Entscheidungen werden von der Gemeinschaft in einer Versammlung mittels Abstimmung entschieden.

Heute ist die Situation allerdings etwas anders. Die Gemeinschaft hat einen Wandel vom Kollektiv hin zur Individualisierung erfahren, wobei die gemeinschaftlichen Grundelemente geblieben sind. So zahlt jedes Mitglied einen Betrag der zu seinem Einkommen passt, dafür finanziert die Gemein-schaft die Bereiche Bildung, Gesundheit und Erziehung für alle ihre Mitglieder.

Auch das Gemeinschaftshaus ist heute noch erhalten, in dem wir zusammen zu Mittag gegessen haben. Anschließend haben wir uns wieder im Museum getroffen. Dort wurde der Nachmittag mit dem Schwerpunkt des Eichmann Prozesses gestaltet.

Adolf Eichmann, ein ehemaliger Nazi, der für die logistischen Prozesse der Vernichtungslager zu-ständig war, wurde zwischen 1960 und 1961 in Israel der Prozess gemacht. Dieser Prozess hat zu einem starken Wandel im Denken der Holocaustüberlebenden geführt, denn bis zu diesem Zeitpunkt wurde in Israel nicht viel über die Einzelschicksale gesprochen. Das Urteil, wie auch der Prozess Eichmanns, haben dazu beigetragen, dass die Überlebenden ihre Geschichten erzählten.

Abschluss unserer Zeit in Lohamei Haghetaot war ein Ausstellungsraum, in dem die Erinnerungskul-tur der Nation aufgegriffen wurde. Hier befindet sich eine Wand, die auf den ersten Blick ein Wirr-warr aus umherschwirrenden Buchstaben darstellt. Verweilt man hier jedoch etwas länger, kann man sehen, dass sich immer wieder Namen in verschiedenen Sprachen bilden. Es wird hier auf Orte verwiesen, in denen sich jüdische Gemeinschaften befanden. Der Zerfall der Worte und ihre Neubildung ist ein künstlerisches Mittel zur Symbolisierung der jüdischen Kultur. Wo auch immer etwas zerstört wird, kann es neu aufgebaut werden. Wo auch immer eine Tradition abgelegt wird, kann sie wieder gelebt werden. Oder um es mit den Worten Friedrich Dürrenmatts zu sagen. „Was einmal gedacht wurde, kann nie mehr zurückgenommen werden.“

Laila Tov, Sascha