„Die Gesellschaft braucht dringend mehr Demokratieerfahrung“

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Tagung mit fast 100 Fachkräften zu den demokratischen Potentialen der Jugendarbeit

"Die Einrichtungen und Vereine der Jugendarbeit sind eines der wenigen gesellschaftlichen Felder, in denen Kinder und Jugendliche selbst bestimmen können. Hier haben sie die Entscheidungsmacht und können so echt Demokratie ausüben - und mehr Demokratieerfahrung braucht die Gesellschaft gerade dringend." So brachte Professor Dr. Benedikt Sturzenhecker eine der wichtigsten Aussagen dieser Fachtagung am 16. Juni in Saarbrücken auf den Punkt. Der Landesjugendring Saar, juz-united und der Regionalverband Saarbrücken konnten unter dem Titel „Jugendarbeit lebt Demokratie – Räume, Respekt, Ressourcen“ knapp 100 Fachkräfte begrüßen. Für den Professor für Sozialpädagogik an der Universität Hamburg ist die Jugendarbeit einer der wichtigen Orte an denen „demokratische Mitgestaltung erfahrbar wird.“ Die Herausforderung für Jugendarbeiter sei es, bei den tatsächlichen Interessen der Jugendlichen anzusetzen und Jugendarbeit nicht auf ein von oben gesetztes konsumorientiertes Freizeitprogramm zu verkürzen.

Vor dem Vortrag kamen Jugendliche aus mehreren saarländischen Orten in einem Videoclip von juz-united zu Wort. Sie brachten zum Ausdruck, wie sie ihren offenen Treff selbst gestalten und wie diese Jugendlichen selbst unverzichtbarer Gestaltungsfaktor zukunftsfähiger Orte werden.

Dass es eine wahre Kunst ist, bei den Interessen Jugendlicher anzusetzen, veranschaulichte Maria Nesselrath durch ihre Präsentation der gerade erst erschienenen Sinus-Milieustudie. Diese veranschaulicht, wie unterschiedlich Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahre ticken. Von prekär Aufwachsenden über Adaptiv-Pragmatische bis hin zu Expeditiven unterscheidet die viel beachtete Untersuchung insgesamt sieben Typen. Um zu wissen wie man sie teilhaben lässt, so Frau Nesselrath, müsse man die Lebenswelt der Jugendlichen, mit denen man zu tun hat, genau erkunden und sich mit ihnen austauschen. Dies sei eine wichtige Basis zur Förderung von Partizipation und Selbstorganisation.

In der Diskussion zu den Vorträgen wurde unter anderem deutlich, dass die empirisch nachgewiesene Wirkung der offenen und verbandlichen Jugendarbeit stärker als bisher nach außen vermittelt werden müsse. „Die wissenschaftlich nachgewiesenen demokratiefördernden Potentiale der Jugendarbeit sind noch zu wenig in der öffentlichen Diskussion präsent,“ war eine Schlussfolgerung von Theo Koch (juz-united).

Den Abschluss fand die Fachtagung in vier Themeninseln. Georg Vogel (Landesjugendring Saar): „In diesen Vertiefungen ging es um den wichtigen Gestaltungsfaktor der selbstorganisierten Jugendzentrumsarbeit im ländlichen Raum, um die bessere Wahrnehmung von Beteiligungswünschen Jugendlicher, um die Gestaltung kultureller Vielfalt in der Jugendarbeit und um die Teilhabechancen in Jugendverbänden.“

Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz: „Die inspirierenden Vorträge und der Austausch in den Themeninseln haben gezeigt, wie stark Jugendarbeit Demokratie lebt! Wir werden uns weiterhin gemeinsam der Fortbildung kommunaler, offener und verbandlicher Jugendarbeit annehmen,“ so Veronica Grindle vom Regionalverband Saarbrücken.

Zur digitalen Dokumentation der Fachtagung