Die Fahrt nach Sderot, einer Stadt direkt an der Grenze zum Gazastreifen mit ca. 30.000 Einwohnern, die in der Vergangenheit bereits vielen Raketenangriffen ausgesetzt war. Dementsprechend aufgeregt und voller Neugier stiegen wir an unserem ersten Halt in Sderot aus.
Dort wartete Jonathan, ein Mitarbeiter der israelischen Wasserwerke "Mekorot Water Company" bereits auf uns. Gemeinsam standen wir unmittelbar vor einem Wasserzwischenspeicher, wobei wir einen weitläufigen Blick über die Grenze zum Gazastreifen hatten und wir uns bewusst machen mussten, dass wir nur ca.7km vom Zentrum Gazas entfernt standen. Es fiel uns schwer zu begreifen, dass wir uns in einem Gebiet befinden, in dem jederzeit mit neuen Raketenangriffen gerechnet werden musste. Währenddessen erklärte Jonathan, dass er gemeinsam mit seinen Kollegen auch Wasser für die Bewohner des Gazastreifens aufbereitet. Die dazu benötigten Wasserleitungen auf israelischem Gebiet mussten auch während des Beschusses mit Raketen von den Mitarbeitern repariert werden.
Dabei wurden die Mitarbeiter bereits in der Vergangenheit durch abgestellte LKW abgesichert und begleitet, um einen Angriff durch Scharfschützen zu verhindern.
Wir verließen die Aussichtsstelle mit einem mulmigen und auch traurigen Gefühl und fuhren gemeinsam mit Jonathan zu einer Niederlassung der Firma, wo wir den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats treffen konnten. Auch er gab uns die Möglichkeit eine Vielzahl von Fragen zu stellen und gewährte uns einen Einblick in den firmeneigenen Luftschutzbunker.
Mittags konnten wir noch einmal das israelische Essen in Form von Falafel genießen, bevor wir von unserem Tourguide Daniel abgeholt und durch Sderot geführt wurden. Natürlich erst, nachdem wir eine Sicherheitseinweisung bekommen hatten, wie wir uns im Falle eines Raketenalarms zu verhalten hätten. Es war erschreckend zu sehen, dass etwa alle 100m ein Raumschutzbunker gebaut worden war, da im Falle einer Raketenwarnung nur 15 Sekunden bleiben würden, um sich in Sicherheit zu bringen. Noch erschreckender war dann der Anblick eines Raumschutzbunkers, der auf einem Kinderspielplatz in Form eines bunten Regenbogens installiert worden war. Niemand von uns konnte sich vorstellen, wie ein Jugendlicher sich fühlen musste, wenn er seine komplette Kindheit zwischen Raumschutzbunkern verbracht hatte. Auch wir kannten den Gazastreifen bisher nur aus Berichten in TV/Radio und Zeitungen. Um auf wieder andere Gedanken zu kommen, lud uns Daniel im Anschluss noch zu sich nach Hause ein. Er lebt bereits seit 11 Jahren in einer Kommune und teilt sich derzeit mit 7 Personen einen gemeinsamen Haushalt. Über so viel Offenheit und den außergewöhnlichen Lebensstil waren wir verwundert und stellten Daniel bei Kaffee und leckeren Schokokeksen Fragen über Fragen, die er uns sehr geduldig beantwortete. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank dafür!
Der letzte Punkt unserer Tagestour führte uns ins Kibbuz Magen im Bezirk Eshkol in der Nähe von Sderot, wo uns ein Bewohner des Kibbuz namens Danny empfing. Danny war Mitte der sechziger Jahre von der Schweiz nach Israel gekommen, um wenige Monate in einem Kibbuz zu leben. Danny lebt heute noch immer mit seiner Frau und einer seiner drei Töchter im Kibbuz.
Von Danny erfuhren wir mehr über den Ursprung des Kibbuz Magen. Die Ursprungsregeln betrafen insbesondere das Verbot von Eigentum des Einzelnen und die totale Gleichheit der Geschlechter.
Das Kibbuz hat heute etwa 250 Mitglieder sowie 180 Kinder & Jugendliche, die überwiegend aus Rumänien stammen. Darüber hinaus verfügt es heute sogar über einen modernen landwirtschaftlichen Betrieb, wo Weizen, Kartoffeln, Erdnüsse und viele weitere Produkte angebaut werden.
Nachdem uns Danny eine Nachbildung des früheren Kibbuz zeigte, in dem ein Wohnraum und ein Schlafzimmer aus den Anfängen der Kibbuzbewebung ausgestellt wurden, durften wir das heutige Kibbuz besuchen.
Entgegen unserer Erwartungen fanden wir ein modernes Wohngebiet mit auffallend ordentlichen und schönen Grünflächen vor. Wir erhielten Informationen zum Aufnahmeritual der Kibbuzgemeinschaft, zum wirtschaftlichen System und der Organisationsstruktur.
Gegen Ende der Führung kamen wir noch einmal zu einem Aussichtspunkt, an dem wir erneut die Grenze des Gazastreifens sehen konnten und der Zeitpunkt gekommen war, um Richtung Tel Aviv aufzubrechen und den erlebnisreichen Tag mit einem Feedback zu beenden.
Der Tag wird uns definitiv in Erinnerung bleiben!
Verena